Mandat Kardinal Albrechts von Brandenburg gegen die Wiedertäufer

Signatur:
LASA, A 2, Nr. 502
Seitenangabe:
1r
Datierung:
31. Januar 1528
Orte:
Aschaffenburg
Wichtige Personen:
Albrecht <Mainz, Erzbischof, Kurfürst, Kardinal, II.> (* 1490 † 1545)
Bearbeiter:
Rothe, Vicky
Überlieferungsform:
Druck
Historische Einordnung:
Am 31. Januar 1528 veröffentliche Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490-1545) für die ihm unterstehenden Territorien das Mandat gegen die „Wiedertäufer“. Darin teilte er seinen Untertanen mit, dass eine „neue erschreckende, unerhörte und verführerische Lehre aufgekommen ist“, das sogenannte Täufertum. Deren Anhänger seien hart zu bestrafen und rücksichtslos zu verfolgen.
Doch was war überhaupt ein Täufer und warum bestand Anlass dazu, sie so zu behandeln? Der Ursprung der Täuferbewegung ist in Zürich, Straßburg sowie im Personenkreis um Andreas Karlstadt (um 1486-1541) und Thomas Müntzer (um 1489-1525) zu finden. Ihre Anhänger predigten die Erneuerung der Christenheit durch einen grundlegenden Wandel von Glauben, Kirche und Gesellschaft nach biblischen Vorbildern. Das besondere Merkmal der Täufer war die Ablehnung der Kindertaufe und die deshalb (erneut) vollzogene Taufe der Erwachsenen („Wiedertaufe“), was auf dem Verständnis beruhte, dass nur ein mündiger Mensch den Glauben aus freiem Willen annehmen könne. Problematisch war daran, dass die Taufe als die Aufnahme in die christliche Gemeinschaft und damit in die Gesellschaft schlechthin galt. Die Täufer lehnten damit sowohl die existierende weltliche Obrigkeit als auch das Kirchenwesen ab. ihre Glaubensauffassung wurde von der Mehrheitsgesellschaft als Gotteslästerung bewertet und mit Ketzerei in Verbindung gebracht. Sie selbst galten als Unruhestifter, die den gesellschaftlichen und politischen Frieden gefährdeten. Das Täufertum stellte damit den radikalen Flügel der reformatorischen Bewegung dar. Nach dem gescheiterten Bauernkrieg 1525, der das Herrschaftssystem offen in Frage gestellt hatte, erhielten die Täuferbewegungen im gesamten Reich starken Zulauf, zugleich wuchs aber der Verfolgungsdruck seitens der Obrigkeit.
In der Verfolgung und dem Verbot der Täufer waren sich Kaiser Karl V. und die Reichsstände wie zuvor im Bauernkrieg einig, unabhängig davon, ob sie die evangelische oder altgläubige Position vertraten. Mit dem kaiserlichen Edikt vom 4. Januar 1528 wurde die „Wiedertaufe“ unter Strafe gestellt. Dem folgte das hier vorliegende Mandat Kardinal Albrechts von Brandenburg vom 31. Januar 1528, dass die Verfolgung und Anklage der Täufer wegen Ketzerei und Gotteslästerung ankündigte und die weitere Ausübung des täuferischen Glaubens mit schweren Strafen an Leib und Leben bis hin zum Todesurteil ahndete. Es folgen neben der immerwährenden Ermahnung an die Untertanen die Ge- bzw. Verbote im Umgang mit den Täufern. So sollte den Anhängern durch die Wegnahme der Güter, den Verlust bzw. das Verbot der amtlichen Tätigkeit und des Ausübens des Händler- oder Handwerkerberufs die Lebensgrundlage genommen werden. Auch moralisch sollten sie geächtet werden, in dem sie kein Testament aufsetzen durften und der Vater seinem Sohn das Erbe verweigern durfte. Auch konnten sie in die Reichsacht genommen werden, was bedeutete, dass sie keinerlei Rechtssicherheit mehr besaßen und ohne weitere Konsequenzen umgebracht werden durften.
Auffällig ist die Verpflichtung der Untertanen, ihnen bekannte Täufer zu denunzieren und eine konsequente Verfolgung vorzunehmen (oder vornehmen zu lassen), bei der keine Nachlässigkeiten geduldet wurden. Eine Begnadigung oder Milderung der Strafe konnte ein Täufer nur bei einer Selbstanzeige und der Einsicht seines Irrtums erlangen. Dies aber einzig unter der Bedingung, sämtliche ihm bekannte Täufer und denjenigen, der „sie dazu überredet hat und wer zu ihrer Gemeinschaft gehört“, preiszugeben.
Die insgesamt rigiden Strafen und die Behandlung der Täufer, „als wären sie die größten Landesverbrecher“, spiegelte die – realen oder unrealen – Ängste vor einem Aufstand oder einem revolutionären Umschwung wider. Wie groß die Verbreitung der Täufer in Mitteldeutschland tatsächlich war, kann nicht abschließend geklärt werden. Ein Schwerpunkt lag im hessisch-thüringischen Grenzgebiet um Bad Hersfeld, z. T. auch in Erfurt. Nach neuesten Forschungen war wohl auch Magdeburg ein Zentrum der mitteldeutschen Täuferbewegung.
Entscheidend ist letztendlich, dass ihre Existenz als herrschaftsbedrohend und damit als real existierende Gefahr wahrgenommen wurde. Das Mandat sollte eine abschreckende Wirkung entfalten und einer vorbeugenden Maßnahme entsprechen.
Nur ein Jahr darauf, am 23. April 1529, verabschiedete der Speyerer Reichstag ein Reichsgesetz gegen die Täufer. Es bestand nun eine allgemeine Pflicht zur Verfolgung der Täufer und die Wiedertaufe war mit dem Tode zu bestrafen. Damit war zukünftig ein Täufer ein Reichsfeind, ein Krimineller par excellence.
Literatur:
Hans-Jürgen Goertz, Die Täufer. Geschichte und Deutung. 2., verb. u. erw. Auflage. München 1988.
Hans-Jürgen Goertz, Religiöse Bewegungen in der Frühen Neuzeit. (Enzyklopädie Deutscher Geschichte Bd. 20) München 1993.
Günter Vogler, Die Täuferherrschaft in Münster und die Reichsstände. Die politische, religiöse und militärische Dimension eines Konflikts in den Jahren 1534 bis 1536. (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte Bd. 88) Heidelberg 2014.
Andreas Wagner, Das Falsche der Religionen bei Sebastian Franck. Zur gesellschaftlichen Bedeutung des Spiritualismus der radikalen Reformation. Diss. phil. Berlin 2007.
Gerhard Zschäbitz, Zur Mitteldeutschen Wiedertäuferbewegung nach dem grossen Bauernkrieg. (Leipzger Übersetzungen und Abhandlungen zum Mittelalter Bd. 1) Berlin 1958.
Nachweis früherer Editionen:
Paul Wappler, Die Stellung Kursachsens und des Landgrafen Philipp von Hessen zur Täuferbewegung. (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte. Heft 13, 14) Münster 1910, 236 f. [vollständig]
Bemerkung:
Orig.; 1 Blatt, Papier, 33,5 x 37 cm, gedrucktes Mandat, aufgedrücktes Siegel des Ausstellers beschädigt